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Apokalyptik

Ein Beitrag von Pastorin Dr. Christiane de Vos

Allgemein zu Apokalyptik

Apokalyptik ist eine Gattungsbezeichnung für Literatur, die vor allem in Krisenzeiten (Unterdrückung, Konflikte, Notzustände) aufkommt. Sie beschreibt den Ablauf der Geschichte als einen des Untergangs der bestehenden Welt. Mit dieser Welt wird auch alles Bedrückende vernichtet werden. Doch dieses Weltenende ist nie das absolute Ende, im Gegenteil: Die Apokalyptik ist von einer tiefen Hoffnung bewegt, und zwar der Hoffnung auf eine neue Welt, in der das Böse überwunden ist und nur noch das Gute existieren wird.

Die Johannesoffenbarung

In der Zeit um Christi Geburt sind unzählige Apokalypsen entstanden, diese Literatur war sehr verbreitet, wahrscheinlich auch durch politische und soziale Spannungen bedingt. Die Johannesoffenbarung ist also zwar im Neuen Testament einzigartig, in ihrer Zeit aber beileibe nicht. Innerbiblisch sind Bezüge zwischen der Johannesoffenbarung und alttestamentlicher Prophetie zu erkennen. Das bekannteste Motiv ist dabei eines, das auch in Schmidts Oratorium zitiert wird: das der vier Wesen um den Thron Gottes. Löwe, Kalb, Mensch, Adler werden bereits bei Hesekiel (1,10) genannt. In der kirchlichen Kunst wurden sie zu den Symbolen der vier Evangelisten.

In der Kunst der Hauptkirche St. Jacobi wird das Motiv der Evangelistensymbole öfter aufgenommen, am meisten sind die Darstellungen am Kanzelaufgang bekannt. Übrigens findet sich in St. Jacobi ebenfalls die erwähnte Thronszene in der Johannesoffenbarung, und zwar im Südfenster der Apsis.

Die Johannesoffenbarung – interessanterweise auch das letzte Buch der Bibel, als sollte sie den Ausblick auf die Zukunft präsentieren – kennt viele Beschreibungen von Visionen und Auditionen, in denen himmlische Erscheinungen offenbart werden. Neben der Macht Gottes wird auf der anderen Seite auch das Wesen der irdischen Verhältnisse offen gelegt als böse und korrupt (Bilder von Drachen, Prostitution, Satansdienerei). Am Ende wird nach der Zerstörung dieses Kosmos die Neuschöpfung und eine neue Welt vorhergesagt.

Den Vers Offenbarung 21,4 „Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ kennen vielleicht etliche von Beerdigungen, er wird oft am Grab gelesen und drückt damit die Hoffnung aus, dass der Tod nicht das letzte Wort hat.
Der Text von Franz Schmidts Oratorium „Das Buch mit sieben Siegeln“ ist in weiten Teilen der Offenbarung des Johannes entnommen. Die Wahl apokalyptischer Texte in der Zeit 1935-37 ist eine starke Aussage in sich. Aus der Offenbarung des Johannes finden sich bei Schmidt sowohl Texte, die die Weltherrschaft Gottes betonen (Gott auf dem Thron) als auch Gerichts- und Vernichtungsszenen (das Lamm, das geopfert wird; Kriegs- und Notzustände auf Erden) sowie den Kampf des Guten mit dem Bösen (Engel gegen Drachen). Auch das Oratorium endet, wie die Johannesoffenbarung selbst, mit der Schau des neuen Himmels und der neuen Erde (vgl. Offenbarung 21) und dem Lobpreis der Menschen.